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mal was ganz anderes.........Ein Leben wie ein Roman

Verfasst: 29. Aug 2007, 09:16
von bernie
Autorennfahrer, Bestsellerautor, Pharma-Kritiker: Hans Ruesch gestorben

Sein Leben war ein sehr langer Roman und Hans Ruesch, der am Montag im Alter von 94 Jahren in Massagno bei Lugano gestorben ist, der vielleicht aussergewöhnlichste Schweizer Sportler des letzten Jahrhunderts: berühmter Autorennfahrer, lange vor Siffert und Regazzoni, dann Bestsellerautor mit Millionenauflagen in Amerika, Drehbuchschreiber in Hollywood, in den letzten Lebensjahrzehnten ein altersradikaler Tier- und Naturschützer und vehementer Ankläger der Pharmaindustrie.

Als Autorennfahrer in den dreissiger Jahren war Ruesch selber eine Glamourfigur, ein gutaussehender jugendlicher Haudegen und vermögender Weltmann, der auch einige Semester Medizin studiert hatte. Er war am 17. Mai 1913 in Neapel als Sohn eines Schweizer Industriellen zur Welt gekommen, und schon mit 19 Jahren fuhr er in einem MG das Bergrennen über den Klausenpass. In der legendären Zeit des Automobilrennsports mass er sich mit Fahrern wie Rosemeyer, Caracciola, von Brauchitsch, Stuck, Lang, Nuvolari, Farina und Varzi auf Europas Pisten. Er fuhr, eine Zeitlang auch für den Ferrari-Rennstall, rund 100 Rennen und gewann deren 27, 1936 den Grossen Preis von England in Donington auf einem Alfa Romeo. In den Wartungspausen an den Boxen machte er sich Notizen.

Nach einem Unfall begann er als Journalist für Magazine zu schreiben. 1937 veröffentlichte er, gerade 24-jährig, den Roman «Gladiatoren», der sich am damals populärsten Rennfahrer, Rudolf Caracciola, inspirierte. Im Jahre 1938 emigrierte Ruesch nach Amerika, in eine neue Sprache. Sein 1950 erschienenes Eskimo-Epos «Land der langen Schatten» wurde ein Kultbuch und erreichte eine Auflage von drei Millionen Exemplaren. Es wurde, nach seinem Drehbuch, 1953 mit Anthony Quinn in der Hauptrolle verfilmt, wie der Erstlingsroman «The Racers». Mit 60 Jahren flüchtete der Erfolgsautor aus der Saturiertheit seiner literarischen Existenz und machte den missionarischen Kreuzzug gegen die Pharmaindustrie und ihre Tierversuche zur letzten Lebensaufgabe.

Sein eigentliches Manifest für das Lebensrecht der Tiere, «Nackte Herrscherin. Entkleidung der medizinischen Wissenschaft», verteidigte er durch unzählige Prozesse und Boykott-Schikanen, bis es 1976 in Italien erscheinen konnte. 1982 legte er nach mit «Die Pharma-Story. Der grosse Schwindel». Darauf verschwanden seine Bücher aus den Schweizer Buchhandlungen, und sie sind auch nicht mehr aufgetaucht. Weil Ruesch so biblisch alt wurde, ist er allmählich in sanfte, ungerechte Vergessenheit geraten.

Neue Zürcher Zeitung

Hans Ruesch: jederzeit verfügbar....

Verfasst: 31. Aug 2007, 22:35
von Michele
Hi,
ist sehr schön,was die Schweizer da so pathetisch zusammenschreiben. Die für mich als Nutzer des MG-Forums einzig relevante Information ist allerdings diese: "Schon mit 19 Jahren fuhr er in einem MG das Bergrennen über den Klausenpass." Gibt es denn nun weitere Infomationen über Herrn Rüschs MG-bezogene Aktivitäten? Wäre - aus meiner Sicht - immerhin interessanter als sein Einsatz für Versuchskaninchen in der Pharmaindustrie...
Übrigens: So sehr totgeschwiegen hat man Herrn Rüschs Publikationen nicht: Über das führende deutsche Antiquariats-Portal im Internet - ZVAB - kann man sich mühelos jede Menge Druckstücke seiner Ansichten besorgen, kein Grund also für Verschwörungstheorien...
Hat jemand mehr MG-bezogene Informationen über den Herrn, Fotografien gar? Dann immer her damit...
Michele

Verfasst: 31. Aug 2007, 23:31
von Andreas
BildBildBild
Hans Ruesch jung/alt (Klick auf Rüsch jung führt zur Rennbiographie, nach "Hans" suchen), Plakat zum Klausenrennen 1932 (Klick auf Plakat führt zum Rennbericht in der "Neue Zürcher")

Ich fand Bernds Posting gar nicht so uninteressant. Sicherlich: der MG-Anteil in Herrn Rueschs Lebensweg scheint klein, aber mir hat der Bilck über den Tellerrand gefallen. Und die "Gladiatoren" habe ich bestimmt bald auch im Bücherschrank.
Hans Ruesch scheint "Benzin im Blut" gehabt zu haben. Und die Brücke zur, besser: in die Schweiz schlage ich im Berufsleben häufig. Insofern ist es nicht übel, ein bischen Gesprächsstoff zu bekommen - sozusagen franko, denn ich muß nicht danach suchen, sondern werde damit überrascht.
Die Beschäftigung mit MG hat mir persönlich übrigens sehr viele Brücken geschlagen und viele Perspektiven geöffnet, zu vielen Menschen, in viele Lebensbereiche, die aber auch überhaupt nichts Oktagonales haben - die ich aber ohne die Beschäftigung mit "MG" wahrscheinlich nie kennengelernt hätte.
Ich empfände es daher eher als Verlust, würde man sich auf diesem Board nur immer mit dem einen beschäftigen.
Aber meine Ansicht ist nur eine unter vielen möglichen - insofern: Wer es nicht mag, überblättere.

Cheers, Andreas

PS: Qua Rubrizierung darf ja im "Drivers Talk" der "...der lockere Plausch rund um das Thema MG..." betrieben werden. Jemand, der Motorsport mit MG machte, gehört aber sowas von in "rund um". Und nun Plauschen wir ja auch. Passt doch :-)

Verfasst: 1. Sep 2007, 00:08
von Heiner Thüroff
Hallo Bernie,

recht herzlichen Dank für Deinen Beitrag.


Grüße
Heiner

Klasse Infos....

Verfasst: 1. Sep 2007, 00:10
von Michele
Hi, Andreas,

besten Dank für die tollen Fotos und Hintergrundinformationen! Genau das wollte ich hier sehen. Die Rubrik gibt in der Tat einiges her, aber man muss es dann auch konsequent angehen! Das ist Dir gelungen! Nichts ist so interessant wie ein reiches und gelungenes Leben, in dem auch, aber nicht nur, MGs vorkommen...

Viele Grüße
Michele

Verfasst: 1. Sep 2007, 00:22
von Andreas
Lieber Michele,

das hab ich doch gerne gemacht. DAS ist ja gerade das reizvolle an Beiträgen wie dem von Bernd: Man fühlt sich mal wieder angetriggert, ein wenig herumzusuchen. Ohne Deinen "Einspruch" hätt ich es aber vielleicht auch nicht gemacht...insofern: Passt doch alles!

Cheers,

Andreas

Verfasst: 3. Sep 2007, 09:32
von bernie
Hallo Andreas,
besten Dank für die kriminalistische Unterstützung.
Ich fand den Bericht nicht zuletzt deshalb so interessant, weil der Mann sich nach seiner Rennfahrerkarriere mit wirklich neuen Dingen beschäftigt hat....aber wer weiß, wenn damals schon ATU gegeben hätte.....