Alpentour im V8

Der Name sagt eigentlich fast schon alles - der lockere Plausch rund um das Thema MG und andere britische Fahrzeuge ist hier die Hauptsache.

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guy konz
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Alpentour im V8

#1

Beitrag von guy konz » 18. Feb 2016, 16:38

Hallo,
ich bekenne mich schuldig weil ich die Brüder Feyereisen mit dem V8 Virus angesteckt habe. Besonders Bob scheint unheilbar befallen zu sein.
Bob organisiert jedes Jahr eine grössere Tour. Anbei sein Bericht von der Alpentour 2015 im GT V8. Viel Spass bei der Lektüre.
Guy

Nach 9 Stunden Fahrt gönnen Jeff und ich dem MG eine kurze Verschnaufpause auf dem Brenner in 1374 m Höhe. Volltanken, Kaffee trinken und schon sitzen wir wieder in unserem kleinen englischen Coupé.
Wir sind unterwegs Richtung Dolomiten. Nach der Überquerung der italiensischen Alpenkette, entlang des Gardasees werden wir die Passstraßen der schweizer Alpen erklimmen. Es wird eine lange Tour werden mit über 20 Pässen in 5 Tagen und 4 Nächten. Es geht weiter über den Brennerpass. Die Autobahn verlassen wir bald, um Richtung Cortina d’Ampezzo zu fahren, ins Herz der Dolomiten.
Nach dem Grödnertal vorbei an Wolkenstein erreichen wir, die bei Skifahrern bekannte Sellarunde. Der MG erstürmt mit V8 Donner den Passo di Sella (2214m) gefolgt vom Pordoijoch (2239 m). Nach dem Passo di Falzarego (2105 m) erreichen wir Cortina d’Ampezzo, das wohl bekannteste Skidorf der Dolomiten. Für heute ist noch nicht Schluss, denn es warten noch zwei weitere kleine Pässe auf uns. Über den Passo Tre Crocci (1809 m) und den Col Sant’Angelo (1757 m) erreichen wir Misurina. Hier biegen wir rechts ab zu den Drei Zinnen. Die Tre Crocci ist ein Gebirgststock bestehend aus 3 Gipfeln. Seit der Erstbesteigung der Großen Zinne (2999 m) im Jahr 1869 zählen die Drei Zinnen bei Kletterern zu den begehrtesten Gipfelzielen der Dolomiten. Wir sind jedoch nicht 850 km gefahren, um von der Besteigung der Großen Zinne zu berichten. Die Straße, die zu den Drei Zinnen hinaufführt, ist eine der steilsten und kurvenreichsten Asphaltbänder, die man in den Dolomiten und den Alpen findet. Teile der Strecke kann man nur im 1. Gang fahren.
In der nun fast zehnjährigen Tradition der Alpentour, übernachten wir einmal pro Jahr in einem Hospiz auf einem Pass. Dieses Jahr haben wir uns für das Rifugio Auronzo in 2333 Meter entschieden. Nach ein paar letzte Kurven erreichen wir den Gipfel. Leider sehen wir die Drei Zinnen nicht. Das Rifugio wie auch die Gebirgsformation liegen in den Wolken. Wir checken ein und lassen den Tag bei ein paar Bier und Nocchis Revue passieren. Um 10 Uhr wird das Licht ausgeschaltet. Gute Nacht MG.
Das Wetter ist am Morgen nicht besser. Der Regen peitscht uns ins Gesicht. Schnell verstauen wir das Gepäck in den Autos und starten die Motoren. In 2333 Metern ist es morgens spannend, wann der V8 endlich zum Leben erweckt. Sobald die Maschine dreht, heisst es losfahren damit der alte Engländer schnellstmöglich auf Betriebstemperatur kommt. Nach einer guten halben Stunde erreichen wir Cortina d’Ampezzo, wo wir uns ein kurzes Frühstück gönnen, bevor wir einen der bekanntesten Passstraßen der Dolomiten in Angriff nehmen.
Wir verlassen Cortina d’Ampezzo in Richtung Westen und biegen dann links ab zum Passo di Giau. Durch lichte Wälder, windet sich die Straße mit weiten Kurven Richtung Passhöhe. Nach 2/3 der Strecke erreicht man ein Almgebiet. Übersichtliche Serpentinen steigern am Morgen das Kurvenräubern. Die Steigung von fast 17% verlangt dem V8 alles ab was in ihm steckt. Auf der Passhöhe in 2236 Metern wird man dann mit einem überwältigenden Ausblick auf die Marmolda mit Gletscher und die Sellarunde belohnt.
Nach dem Passo Duran (1601 m) und dem Passo di Cereda (1369 m) mit ihren engen Kurven und Serpentinen erreichen wir den Passo di Rolle (1369 m), der mit einer Passhöhe die mit 1989 Metern fast 2000 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Marc, Fahrer des Peugeot 504, kümmert sich um das Catering. Mit seinem Grill bereitet er uns ein paar Grillinger vor, begleitet von einem leckeren Kartoffelsalat. Dazu reicht er uns ein Glas Rotwein. Luxemburgisches Traditionsgericht in den Dolomiten, was will man mehr. Villeicht noch ein Glas Rotwein ?

Nach einer entspannten Mittagspause, nehmen wir noch ein Gruppenfoto von unserem gut gemischten Autokorso. Frankreich, Japan, Deutschland, Frankreich und England sind vertreten. Die Route windet sich nun in Serpentinen hinunter ins Tal. Wir durchqueren die Dolomiten von Ost nach West bis nach Cavalase, einem typischen Dorf in den Dolomiten. Wir freuen uns alle auf ein gemütliches Hotelzimmer mit Dusche. Diese musste wegen eines technischem Problems im Rifugio gestern leider ausfallen.
Der dritte Tag unserer Alpentour beginnt mit Kaiserwetter. Ein kurzer Check der Flüssigkeiten des MGs und schon starten wir zu einem besonderen Pass. In der nun mittlerweile neunjährigen Tradition, habe ich schon viele Pässe befahren. Neben den Klassikern wie Stilfserjoch, Nufenen-, Gotthard- und Furkapass, gehören der Albulapass in der Nähe von St. Moritz, der Umbrailpass und der Passo Manghen, zu meinen Top 3 der schönsten Pässe, die ich je befahren haben. Der Einstieg in die Nordrampe des Passo Manghen ist einspurig und führt durch einen dichten Nadelwald. Die Serpentinen sind sehr eng und nur im 1. Gang befahrbar. Es ist ein grandisoses Gefühl, morgens, mit wenig Gegenverkehr diesen Pass zu erklimmen. Die Straße ähnelt einem gut ausgebauten Feldweg hier in Luxemburg. Kurz vor der Passhöhe lichtet sich der Wald. Nach einer guten halben Stunde erreichen wir den Scheitelpunkt auf 2047. Die Sicht auf die Abfahrt des Passo Manghen ist vielversprechend.
Weiter geht’s Richtung Gardasee. In Levico Terme bietet sich eine Abkürzung ab, um lange, vom Verkehr überfüllte Nationalstraßen zu umgehen. Dieses Straße wurde 1911 auf dem von österreichischen Kaiserjägern, in den 1870er Jahren angelegten Militärpfad, erbaut. In der Umgebung befinden sich sieben ehemalige österreichische Sperrwerke, die in diesem Zeitraum errichtet wurden. Das Werk Geschwent ist heute als Museum zu besichtigen. Die Straße wurde erst in den 70er Jahren durchgängig asphaltiert. Die Höchstgeschwindgikeit von 30 km/h spricht für sich. Ein Muss für jeden Alpentourer : einspurige Straße, Serpentinen ohne Ende und Steigungen von bis zu 20 % eine Streckenführung nur für geübte Fahrer. In 1261 Metern erreichen wir den höchsten Punkt der Kaiserägerstraße. Es geht steil bergab. Es ist wichtig sich seine Bremsen zu schonen, denn diese werden hier einem Härtetest ausgesetzt. Wir fahren von nun an bergab bis zum Gardasee. Gegen Mittag erreichen wir diesen. Gut und gerne 3000 Höhenmeter habe wir seit heute Morgen überwunden. Plötzlich hellt die Kontrolleuchte des Peugeot 504 auf. Die Bremsbacken sind aufgebraucht. Wo findet man Ersatz für ein französisches Auto aus den 70er Jahren in Italien ??? In einer freundlichen Renaultwerkstatt in Roveretto bekommen wir einen hilfreichen Tipp. Ein älterer Herr betreibt einen Ersatzteilgeschäft in der Nähe und siehe da. Er hat noch ein Paar Bremsbacken, new old stock von Mintex. Es ist kaum zu glauben. Er vereinbart sogar noch einen Termin am gleichen Tag in einer Werkstatt. Das Team Ricard gönnt sich ein erfrischendes Bier auf einer Terasse. Problem gelöst ! Wir sind alle erleichtert, denn ansonsten wäre die Tour für Marc und Joé hier und jetzt, vorbei. Sie werden bis heute Abend in Roveretto warten und dann auf direktem Weg zum Hotel in Tignale kommen. Wir machen uns derweilen auf den Weg entlang des Gardasees. Die Monte Blado Höhenstraße auf der Südseite des Gardasees werden wir in einer der kommenden Touren befahren. Wir befinde uns nun auf der Straße einer der spannendsten Verfolgungsjagden aus einem James Bond Film unterwegs. Auto Motor und Sport beschrieb die Dreharbeiten so : Es sollten die gefährlichsten und kompliziertesten Dreharbeiten werden, die das Team bisher erlebt hat. Denn das Drehbuch sieht für die Eröffnungsszene von "Ein Quantum Trost" Spektakuläres vor: James Bond fährt in seinem Aston Martin (diesmal mit Mailänder Kennzeichen) die Seeuferstraße am Gardasee entlang, als plötzlich drei schwarze Alfa Romeo 159 die Verfolgung aufnehmen und 007 unter Beschuss nehmen. Weil die Kugeln an den gepanzerten Fenstern und Türen des Aston abprallen, greifen die Verfolger einen Lastwagen an - just in dem Moment, als Bond in einem langen, halboffenen Tunnel überholt. Wir verlassen bei Pieve die Uferstraße des Gardasees.
Durch Tunnels und Serpentinen kraxeln wir entlang der Felswand hinauf zu einem Highlight der Tour. Was für eine Strecke. Ich rate jedem auf youtube.com die Brasa Schlucht zu suchen. Die Videos zeigen einem wie unglaublich schön diese Strecke ist. Die Route ist umgeben von efeuumranktem Fels der Schlucht. Die Fahrbahn ist nur in eine Richtung befahrbar. Eine Ampel nach einer Serpentine regelt den Verkehr. Das Asphaltband schlängelt sich durch Tunnels durch die Schlucht. Der Anblick ist atemberaubend. In Pieve lockt dann die Schauderterasse des Hotels Paradiso, auf der auch eine Szene im James Bond Film gedreht wurde. Weiter hinauf und über die Hochebene von Tremosine kurvt das spektakuläre Sträßchen bis nach Tignale. Hier quartieren wir uns ein und lassen den Abend entspannt mit einer guten Pizza, Chianti und Benzingesprächen ausklingen. Die Brasa Schlucht hat die Teilnehmer der Alpentour so in ihren Bann gezogen, dass morgens die Teilnehmer noch eine Runde in entgegengesetzter Richtung drehen. Während dem genießen Jeff und ich einen Espresso auf der Terasse unseres Hotels und lassen die Blicke über den wundervollen Gardasee schweifen. Kurze Zeit später erwachen die 8 Zylinder unseres kleinen Briten zum Leben und wir stürzen uns vom Blakon Tignales hinab zum Seeufer. Dort treffen wir auf die restlichen Teilnehmer. In Gragnano verlassen wir erneut eine der schönsten Seestraßen Europas um in Richtung Alpen zu kurven. Ein paar Serpentinen später sind wir schon im Hinterland angekommen. Entlang an einem Stausee navigieren wir über enge, kurvenreiche Landstraßen Richtung Edolo. Die Strecke vom Gardasee zum Idrosee ist erneut ein absolutes Muss für einen Liebhaber von wunderschönen alpinen Straßen. Es ist ein absoluter Geheimtipp. Kurz vor dem nächsten Pass machen wir Halt in einem kleinen italienischen Dorf. Hier gibt es einen kleinen „Tante Emma Laden“ in dem wir uns mit Brot und ein paar typischen italienischen Spezialitäten eindecken. Auf der Passhöhe in 1892 Metern des Croce Domini machen wir Mittag. Dieser Pass führt uns weiter durch eine wilde Naturlandschaft. Auf einer einspurigen Strecke, mit wunderschönen Ausblicken auf die Ausläufer der Alpen, nähern wir uns der Schweiz. In Edolo biegen wir links ab zum Bernina Pass. Eine andere Möglichkeit wäre eine Weiterfahrt bis nach Ponte di Legno. Über den Gaviapass (2330 m - Michelin beschreibt ihn als „gefährliche Straße“) via Bormio und den Passo di Foscagno (2201 m) würden wir Livigno erreichen. Wir entscheiden uns für die kürzere Variante. Kurz vor der Passhöhe in 2300 Meter des Berninapasses biegen wir rechts ab zum Forcola di Livigno. Noch einmal zurückschalten und mit viel Schwung winden wir uns zur letzten Passhöhe hinauf. Es ist schon spät nachmittags, im Häuschen sitzt kein Zollbeamter mehr. Wir haben also freie Fahrt Richtung Livigno. Die Westrampe des Forcola di Livigno kann man sehr schnell fahren wegen der geraden Streckenführung und den leichten Kurven. Vor fast 10 Jahren hat mich hier ein Mountainbiker bergab überholt. Wir waren ihm damals mit dem Triumph TR6 wohl zu langsam.
Im Hotel Larice ist die Begeisterung riesig. Der frisch gebackene Hotelbesitzer bittet uns, uns vor dem Hotel aufzustellen für ein Gruppenfoto. Anschließend bietet er uns seine private Garage an. Die Autos ruhen sich in einer geheitzten Garage von den 25 Pässen der letzten Tage aus. Die Fahrer und Beifahrer machen es sich bei einem Bier gemütlich. Im Kopf beginnt schon die Planung für die Alpentour 2016 – die Jubiläumstour. Eines ist sicher – nächste Jahr werden wir nach Livigno zurückkehren um den Gaviapass, den Passo di Foscagno, den Stelviopass und den Umbrailpass zu befahren.
Abends besuchen wir das Restaurant La Scala. Dieses Restaurant gehört mittlerweile zur Tradition, wie eine Nacht in einem Hospiz. Morgen früh werden wir die Heimreise antreten. Nochmal 800 Kilometer.
Rückblickend hat der MG B GT V8 nach der Route des Grandes Alpes auch diese Tour mit Bravour gemeistert. Nach einem Trainingslager mit 11 Pässen in den Vogesen, kamen in den Dolomiten und Alpen nochmals 25 Pässe auf sein Konto für 2015. Öl gönnte sich der MG nur 100 ml, mit dem Sprit war er je nach Situation leicht durstiger.
Vielen Dank fürs Lesen. Bei Fragen zu dieser Tour oder anderen Alpentouren, wenden sie sich an bscoc@pt.lu .

Bob FEYEREISEN
organiser „Alpentour“

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