On-the-Road-Import eines MGB GT MKI

Der Name sagt eigentlich fast schon alles - der lockere Plausch rund um das Thema MG ist hier die Hauptsache.

Moderatoren: Gagamohn, JuanLopez, Xpower, Krukkuz

Antworten
Benutzeravatar
project6
Beiträge: 161
Registriert: 24. Mär 2008, 18:27
Fahrzeug(e): 1966 MGB GT "Mk. I" 3-Synchro
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

On-the-Road-Import eines MGB GT MKI

#1

Beitrag von project6 » 11. Mai 2008, 09:15

Hallo,

möchte mich kurz vorstellen: Ich bin Sven (25) aus Berlin und habe nach reiflicher Überlegung und Abwägung (haha...) einen MGB GT in England gekauft. Hier meine Erfahrungen.
Neben meiner Leidenschaft für italienische Motorräder hegte ich seit Jahren den Gedanken, auch vierrädrig wieder stilvoll aktiv zu werden... Dann ist vor kurzem ein wunderschöner GT im Meilenwerk aufgetaucht, der es mir angetan hatte, doch über 20.000 € für den Klassiker waren etwas zu viel für mich. Fest stand aber: Mein Panzer-Fiesta-Diesel musste gehen – Hallo Achteck!
Ebay-Angebote, Zeitschriften und Webbörsen wurden durchforstet und für ca. 2 Monate genau beobachtet. Hier und da was Nettes, doch meine Kriterien: RHD-Chrommodell (eine Stilfrage), Leder, Speichenfelgen, möglichst rot – wurden nur selten bedient. Ein preiswertes Exemplar wurde in Dresden probegefahren, doch auf der Bühne gingen die Türen nicht mehr zu... Eine Rostlaube trotz guter Mechanik. U. a. hier im Forum erfuhr ich ja, dass die Karosse die Achillesferse des GT ist, nicht die Technik.
Dann fand ich bei autotrader.co.uk (wesentlich größeres Angebot als auf deutschen Seiten) einen vielversprechenden Wagen, der einwandfrei erschien. Er hatte nur keinen Overdrive. Kontakt zum Verkäufer (Oldie-Sammler und Händler) wurde aufgenommen, doch noch waren andere Wagen mit im Rennen. Letztlich entschied ich mich, diesen MG zu besichtigen, da die Kommunikation mit dem Eigentümer vielversprechend war (MOT und Kundendienst neu). Auf den Overdrive könnte ich verzichten.
Ich buchte einen Flug nach Liverpool, erkundigte mich vorher über die Anreise, organisierte Kartenmaterial und eine Grenzverkehrversicherung auf die alten Kennzeichen (problemlos, 105 €) beim ADAC und startete Anfang Mai mit einem guten Freund und reichlich Sterling in der Tasche von Schönefeld ins Königreich. God save the queen!
Der Flug war verspätet und holte bis Liverpool ganz easy und damit markengerecht volle 2 Minuten auf! Dass man auf englischen Flughäfen auf Taxis warten muss, war mir zwar neu, doch letztlich kamen wir vergnügt in Preston an – nur 90 Minuten verspätet.
Vor Ort begrüßte mich Adrian, der Eigner, und bat mich direkt zum MG (MKI 1966, orig. 42.000 ml, gepflegt und vor einigen Jahren restauriert). Kein Geplänkel – Probefahrt (Achtung – Linksverkehr!), kurzer Check von innen und außen. Alles ging sehr schnell (es war nach 18 Uhr...), so dass mir nur einige Rostblasen am Heck und ein Lackschaden am Tankstutzen auffielen. Sonst war er gut! Im Nachhinein hätte ich mir mehr Zeit genommen, um den Wagen genauer zu prüfen. However – wenn man aus Deutschland ins UK kommt, um einen Oldie zu kaufen, sind Nachverhandlungschancen recht gering. Daher Stand ich vor der Frage: Rückreise oder Kauf zum vollen Preis. Die Antwort bietet allein dieser Bericht!
Nun begann das große Abenteuer, denn nach Vertragsunterzeichnung mit allen Papieren zur Historie ging es in den britischen Feierabendverkehr und auf die Autobahn über Birmingham und London nach Dover. Was sich nach den ersten Roundabouts dann auch als machbar herausstellte. Es wurde Abend und der MG zog mit 50 bis 60 Meilen souverän seine Bahn auf dem britischen Motorway gen Süden. Alles passte. Ein Stopp beim ranzigsten KFC jenseits von Bombay füllte unsere Mägen, wohingegen Spencer (angelehnt an „Hallo Spencer“ – der Wagen „redete“ genauso viel mit mir...) sich mit etwas Luft und Oktanigem begnügte.
Die Nacht kam und in Birmingham wurde kurzerhand noch ein alter Freund besucht, der in Warwick die Uni besucht. Er feierte seinen Jahresabschluss im wohl angesagtesten Club der Stadt, so dass wir ihm für den Abend folgten. In Deutschland wären so kurze Röcke übrigens verboten, aber das nur am Rande...
Nach einigen Drinks („ohne“ natürlich) waren wir on the road again. London lag um vier Uhr morgens hinter uns, als der MG noch weiter wollte, aber unsere Augen der Morgendämmerung müde ins Gesicht blickten. Also: Billigmotelabsteige am AKW gemietet und Schlafen bis zehn. Was gibt’s Schöneres?
Der nächste Morgen bescherte uns Sonnenschein satt und Fertigmüsli mit Einschweißmilch, was aber seinen Zweck erfüllte. Nach wir vor startete Spencer nur widerwillig (Magnetschalter), der Drehzahlmesser war immer noch tot, doch die Reise ging weiter. Dover lockte strahlend im Tal, als wir den Kanal erblickten und mit Erschrecken feststellen mussten, dass am Wochenende die Preise bei P.O. Ferries ganz schön in die Höhe schießen (min. 120 Pfund). Der Tunnel kostete mehr als das Doppelte. Ein Österreicher (der einen Ur-Quattro ausführte) gab uns den Tipp, nach Dunkerque (NL) zu überschiffen (60 Pfund). Unser Ticket nach Calais war gerade gekauft – super!
Den Rest des Tages galt es, Zeit am Dock und auf dem Schiff totzuschlagen, bis wir in Calais wieder festen Boden unter den Füßen hatten. Die Reise ging bei schönem Wetter und wenig Verkehr durch Restfrankreich über Antwerpen und Eindhoven nach Duisburg. Spencer hielt durch. Allein angsteinflößend war ein Hinweis eines Tankstellenpassanten, wir würden Flüssigkeit verlieren. Eilig checkten wir den Kühlflüssigkeitsstand (ohne Messmöglichkeit recht schwierig) und füllten 0,5 Liter Destille auf. Spencer entledigte sich dieser überschäumend auf den nächsten Kilometern. Er wusste wohl selbst am besten, was gut für ihn ist! Die Lache unter unserem Auto war also nicht von uns – puuuh!
Hinterm Pott wurde die Fahrt in Deutschland träge, elende Kilometer und wenig Schlaf forderten ihren Tribut. Eine Stunde Pause auf einem Rasthof im Niedersächsischen Nirwana sollte Abhilfe schaffen. Wir erreichten unfall-und defektfrei gegen 6.30 Uhr die Berliner Avus! Hoooray!
Die Bilanz der britischen Einkaufstour: Ein wunderschöner, offensichtlich alltagstauglicher und zuverlässiger MKI zu einem – na ja - fairen Preis mit gutem Pfund-Kurs (Heckklappe und Fahrertür müssen noch angepasst werden, unwesentliche Technikgeschichten, Rost am hinteren Kotflügel), die unvergessliche 1000-Meilen-Tour, ein netter Abend mit Freunden und die Gewissheit, etwas einmaliges gemacht zu haben.
Meine Tipps für Gleichgesinnte: Lange Recherche ist notwendig, um zu finden, was man sucht (Overdrive wäre mir nach wie vor wichtig...). Der ADAC hilft in vielen Dingen, die Versicherung funktioniert einwandfrei. Nachverhandlungen zum Fahrzeug vor Ort sind schwierig, denn man setzt allein durch den Aufwand der Anreise ein Zeichen für den Verkäufer. Die Überführung auf eigenen Rädern kann anstrengend werden und kostet je nach Distanz auch Geld (Liverpool-Berlin: Flug 2x je 100 €, Benzin 200 €, Überleben im Motel und Supermarkt 100 €, Fähre 200 €, Kleinkram 100 € macht 800 €), ist aber viel spaßiger und preiswerter als eine Spedition. Ein Trailer wäre die Alternative, wenn’s nicht auf eigenen Rädern geht.
Der größere Markt im UK macht die Sache für mich auf jeden Fall attraktiv. Man kann aber davon ausgehen, dass die Briten ihren eigenen Standard vom Zustand des Wagens haben und – wie in Deutschland auch – auf dem Papier alles besser aussieht.
Würde ich es wieder genauso machen? Jederzeit! I love my MG!
Bild
Zuletzt geändert von project6 am 10. Sep 2008, 22:18, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Andreas
Beiträge: 2427
Registriert: 8. Mai 2000, 01:01
Wohnort: 40239 Düsseldorf
Kontaktdaten:

#2

Beitrag von Andreas » 11. Mai 2008, 10:50

Herzlich willkommen in der MG-Gemeinde, lieber Sven!

Nach Lektüre Deines schönen Berichtes könnte man ja glatt ein Wochenend-Ticket auf die Insel buchen, nur mal so zum Gucken ;-)

Ich hoffe, Dein GT bereitet Dir auch weiterhin viel Freude. Und bei Fragen...na, die MGDC-Website hast Du ja schon gefunden.

Safety fast,

Andreas

martini
Beiträge: 511
Registriert: 22. Apr 2008, 23:24
Fahrzeug(e): MG A
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

#3

Beitrag von martini » 11. Mai 2008, 22:59

Hallo Sven,

schöner Bericht. Viel Freude und immer eine Handbreit Öl in der Wanne.

Grüße aus Berlin nach Berlin

Martin
regelmäßiges Versagen ist auch eine Form der Zuverlässigkeit
http://martin-welsch.magix.net/

MH
Beiträge: 1181
Registriert: 15. Dez 2005, 01:01
Fahrzeug(e): *-*

#4

Beitrag von MH » 12. Mai 2008, 05:33

...auch von mir immer einen guten Oeldruck!

Grüße
manfred
(der immer noch davon überzeugt ist, dass die ADAC-Grenzversicherung nur ab der deutschen Grenze gilt)

Benutzeravatar
project6
Beiträge: 161
Registriert: 24. Mär 2008, 18:27
Fahrzeug(e): 1966 MGB GT "Mk. I" 3-Synchro
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

#5

Beitrag von project6 » 12. Mai 2008, 08:36

danke an euch! das forum hat sich ja für mich schon des öfteren gelohnt, werde hier also auch zukünftig ab und zu aktiv sein. dem mg hatte ich gestern mal genau unter die lupe genommen und gesäubert - da lernt man das auto am besten kennen. er war wohl den aufwand wert... :-)

Benutzeravatar
mp65101
Beiträge: 732
Registriert: 17. Jul 2002, 01:01
Fahrzeug(e): MG Midget MKIII Triumph TR7 Triumph 2500
Wohnort: 33184 Altenbeken-Buke
Kontaktdaten:

#6

Beitrag von mp65101 » 12. Mai 2008, 09:07

Hallo Manfred,

ich glaube da muß ich dir sogar Recht geben, was die ADAC Versicherung angeht. Im nächsten DM wird ein Artikel erscheinen, der meine "Versicherungsodyssee" wiederspiegelt. Unter anderem auch die Grenzversicherung des ADAC. Die Lösung in meinem Falle gab es alleine durch Hilfe der OCC, die eine Versicherung auch fürs englische Kennzeichen ausstellte.
Übrigens, lt. Aussage des Straßenverkehrsamt hier, wäre der offizielle Weg das Fahrzeug mit englischen Ausfuhrkennzeichen zu überführen. Nur wer hat die Zeit sich tagelang in England auf die Suche zu begeben, nach der dafür zuständigen Behörde.

Gruß
Gruß
Marcus
MGDC #1622
https://www.spridgets.de
MG Midget MK III - 1973
Triumph 2500 TC - 1974
Triumph TR 7 Coupe - 1977

Benutzeravatar
jupp1000
Beiträge: 3953
Registriert: 17. Nov 2001, 01:01
Fahrzeug(e): MG MIDGET
Wohnort: Westerwald

#7

Beitrag von jupp1000 » 12. Mai 2008, 09:58

...ich hatte eine Deckungskarte für Kurzzeitkennzeichen mit "grünem Zusatz" und hatte somit auch internationalen Versicherungsschutz, ausdrücklich für Benelux und England! www.kennzeichen24.de , sehr empfehlenswert, weil günstig und schnell!
schöne Grüße

Heinz #1565

Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun, und andere Ergebnisse zu erwarten.

Antworten