On-the-Road-Import eines MGB GT MKI
Verfasst: 11. Mai 2008, 09:15
Hallo,
möchte mich kurz vorstellen: Ich bin Sven (25) aus Berlin und habe nach reiflicher Überlegung und Abwägung (haha...) einen MGB GT in England gekauft. Hier meine Erfahrungen.
Neben meiner Leidenschaft für italienische Motorräder hegte ich seit Jahren den Gedanken, auch vierrädrig wieder stilvoll aktiv zu werden... Dann ist vor kurzem ein wunderschöner GT im Meilenwerk aufgetaucht, der es mir angetan hatte, doch über 20.000 € für den Klassiker waren etwas zu viel für mich. Fest stand aber: Mein Panzer-Fiesta-Diesel musste gehen – Hallo Achteck!
Ebay-Angebote, Zeitschriften und Webbörsen wurden durchforstet und für ca. 2 Monate genau beobachtet. Hier und da was Nettes, doch meine Kriterien: RHD-Chrommodell (eine Stilfrage), Leder, Speichenfelgen, möglichst rot – wurden nur selten bedient. Ein preiswertes Exemplar wurde in Dresden probegefahren, doch auf der Bühne gingen die Türen nicht mehr zu... Eine Rostlaube trotz guter Mechanik. U. a. hier im Forum erfuhr ich ja, dass die Karosse die Achillesferse des GT ist, nicht die Technik.
Dann fand ich bei autotrader.co.uk (wesentlich größeres Angebot als auf deutschen Seiten) einen vielversprechenden Wagen, der einwandfrei erschien. Er hatte nur keinen Overdrive. Kontakt zum Verkäufer (Oldie-Sammler und Händler) wurde aufgenommen, doch noch waren andere Wagen mit im Rennen. Letztlich entschied ich mich, diesen MG zu besichtigen, da die Kommunikation mit dem Eigentümer vielversprechend war (MOT und Kundendienst neu). Auf den Overdrive könnte ich verzichten.
Ich buchte einen Flug nach Liverpool, erkundigte mich vorher über die Anreise, organisierte Kartenmaterial und eine Grenzverkehrversicherung auf die alten Kennzeichen (problemlos, 105 €) beim ADAC und startete Anfang Mai mit einem guten Freund und reichlich Sterling in der Tasche von Schönefeld ins Königreich. God save the queen!
Der Flug war verspätet und holte bis Liverpool ganz easy und damit markengerecht volle 2 Minuten auf! Dass man auf englischen Flughäfen auf Taxis warten muss, war mir zwar neu, doch letztlich kamen wir vergnügt in Preston an – nur 90 Minuten verspätet.
Vor Ort begrüßte mich Adrian, der Eigner, und bat mich direkt zum MG (MKI 1966, orig. 42.000 ml, gepflegt und vor einigen Jahren restauriert). Kein Geplänkel – Probefahrt (Achtung – Linksverkehr!), kurzer Check von innen und außen. Alles ging sehr schnell (es war nach 18 Uhr...), so dass mir nur einige Rostblasen am Heck und ein Lackschaden am Tankstutzen auffielen. Sonst war er gut! Im Nachhinein hätte ich mir mehr Zeit genommen, um den Wagen genauer zu prüfen. However – wenn man aus Deutschland ins UK kommt, um einen Oldie zu kaufen, sind Nachverhandlungschancen recht gering. Daher Stand ich vor der Frage: Rückreise oder Kauf zum vollen Preis. Die Antwort bietet allein dieser Bericht!
Nun begann das große Abenteuer, denn nach Vertragsunterzeichnung mit allen Papieren zur Historie ging es in den britischen Feierabendverkehr und auf die Autobahn über Birmingham und London nach Dover. Was sich nach den ersten Roundabouts dann auch als machbar herausstellte. Es wurde Abend und der MG zog mit 50 bis 60 Meilen souverän seine Bahn auf dem britischen Motorway gen Süden. Alles passte. Ein Stopp beim ranzigsten KFC jenseits von Bombay füllte unsere Mägen, wohingegen Spencer (angelehnt an „Hallo Spencer“ – der Wagen „redete“ genauso viel mit mir...) sich mit etwas Luft und Oktanigem begnügte.
Die Nacht kam und in Birmingham wurde kurzerhand noch ein alter Freund besucht, der in Warwick die Uni besucht. Er feierte seinen Jahresabschluss im wohl angesagtesten Club der Stadt, so dass wir ihm für den Abend folgten. In Deutschland wären so kurze Röcke übrigens verboten, aber das nur am Rande...
Nach einigen Drinks („ohne“ natürlich) waren wir on the road again. London lag um vier Uhr morgens hinter uns, als der MG noch weiter wollte, aber unsere Augen der Morgendämmerung müde ins Gesicht blickten. Also: Billigmotelabsteige am AKW gemietet und Schlafen bis zehn. Was gibt’s Schöneres?
Der nächste Morgen bescherte uns Sonnenschein satt und Fertigmüsli mit Einschweißmilch, was aber seinen Zweck erfüllte. Nach wir vor startete Spencer nur widerwillig (Magnetschalter), der Drehzahlmesser war immer noch tot, doch die Reise ging weiter. Dover lockte strahlend im Tal, als wir den Kanal erblickten und mit Erschrecken feststellen mussten, dass am Wochenende die Preise bei P.O. Ferries ganz schön in die Höhe schießen (min. 120 Pfund). Der Tunnel kostete mehr als das Doppelte. Ein Österreicher (der einen Ur-Quattro ausführte) gab uns den Tipp, nach Dunkerque (NL) zu überschiffen (60 Pfund). Unser Ticket nach Calais war gerade gekauft – super!
Den Rest des Tages galt es, Zeit am Dock und auf dem Schiff totzuschlagen, bis wir in Calais wieder festen Boden unter den Füßen hatten. Die Reise ging bei schönem Wetter und wenig Verkehr durch Restfrankreich über Antwerpen und Eindhoven nach Duisburg. Spencer hielt durch. Allein angsteinflößend war ein Hinweis eines Tankstellenpassanten, wir würden Flüssigkeit verlieren. Eilig checkten wir den Kühlflüssigkeitsstand (ohne Messmöglichkeit recht schwierig) und füllten 0,5 Liter Destille auf. Spencer entledigte sich dieser überschäumend auf den nächsten Kilometern. Er wusste wohl selbst am besten, was gut für ihn ist! Die Lache unter unserem Auto war also nicht von uns – puuuh!
Hinterm Pott wurde die Fahrt in Deutschland träge, elende Kilometer und wenig Schlaf forderten ihren Tribut. Eine Stunde Pause auf einem Rasthof im Niedersächsischen Nirwana sollte Abhilfe schaffen. Wir erreichten unfall-und defektfrei gegen 6.30 Uhr die Berliner Avus! Hoooray!
Die Bilanz der britischen Einkaufstour: Ein wunderschöner, offensichtlich alltagstauglicher und zuverlässiger MKI zu einem – na ja - fairen Preis mit gutem Pfund-Kurs (Heckklappe und Fahrertür müssen noch angepasst werden, unwesentliche Technikgeschichten, Rost am hinteren Kotflügel), die unvergessliche 1000-Meilen-Tour, ein netter Abend mit Freunden und die Gewissheit, etwas einmaliges gemacht zu haben.
Meine Tipps für Gleichgesinnte: Lange Recherche ist notwendig, um zu finden, was man sucht (Overdrive wäre mir nach wie vor wichtig...). Der ADAC hilft in vielen Dingen, die Versicherung funktioniert einwandfrei. Nachverhandlungen zum Fahrzeug vor Ort sind schwierig, denn man setzt allein durch den Aufwand der Anreise ein Zeichen für den Verkäufer. Die Überführung auf eigenen Rädern kann anstrengend werden und kostet je nach Distanz auch Geld (Liverpool-Berlin: Flug 2x je 100 €, Benzin 200 €, Überleben im Motel und Supermarkt 100 €, Fähre 200 €, Kleinkram 100 € macht 800 €), ist aber viel spaßiger und preiswerter als eine Spedition. Ein Trailer wäre die Alternative, wenn’s nicht auf eigenen Rädern geht.
Der größere Markt im UK macht die Sache für mich auf jeden Fall attraktiv. Man kann aber davon ausgehen, dass die Briten ihren eigenen Standard vom Zustand des Wagens haben und – wie in Deutschland auch – auf dem Papier alles besser aussieht.
Würde ich es wieder genauso machen? Jederzeit! I love my MG!

möchte mich kurz vorstellen: Ich bin Sven (25) aus Berlin und habe nach reiflicher Überlegung und Abwägung (haha...) einen MGB GT in England gekauft. Hier meine Erfahrungen.
Neben meiner Leidenschaft für italienische Motorräder hegte ich seit Jahren den Gedanken, auch vierrädrig wieder stilvoll aktiv zu werden... Dann ist vor kurzem ein wunderschöner GT im Meilenwerk aufgetaucht, der es mir angetan hatte, doch über 20.000 € für den Klassiker waren etwas zu viel für mich. Fest stand aber: Mein Panzer-Fiesta-Diesel musste gehen – Hallo Achteck!
Ebay-Angebote, Zeitschriften und Webbörsen wurden durchforstet und für ca. 2 Monate genau beobachtet. Hier und da was Nettes, doch meine Kriterien: RHD-Chrommodell (eine Stilfrage), Leder, Speichenfelgen, möglichst rot – wurden nur selten bedient. Ein preiswertes Exemplar wurde in Dresden probegefahren, doch auf der Bühne gingen die Türen nicht mehr zu... Eine Rostlaube trotz guter Mechanik. U. a. hier im Forum erfuhr ich ja, dass die Karosse die Achillesferse des GT ist, nicht die Technik.
Dann fand ich bei autotrader.co.uk (wesentlich größeres Angebot als auf deutschen Seiten) einen vielversprechenden Wagen, der einwandfrei erschien. Er hatte nur keinen Overdrive. Kontakt zum Verkäufer (Oldie-Sammler und Händler) wurde aufgenommen, doch noch waren andere Wagen mit im Rennen. Letztlich entschied ich mich, diesen MG zu besichtigen, da die Kommunikation mit dem Eigentümer vielversprechend war (MOT und Kundendienst neu). Auf den Overdrive könnte ich verzichten.
Ich buchte einen Flug nach Liverpool, erkundigte mich vorher über die Anreise, organisierte Kartenmaterial und eine Grenzverkehrversicherung auf die alten Kennzeichen (problemlos, 105 €) beim ADAC und startete Anfang Mai mit einem guten Freund und reichlich Sterling in der Tasche von Schönefeld ins Königreich. God save the queen!
Der Flug war verspätet und holte bis Liverpool ganz easy und damit markengerecht volle 2 Minuten auf! Dass man auf englischen Flughäfen auf Taxis warten muss, war mir zwar neu, doch letztlich kamen wir vergnügt in Preston an – nur 90 Minuten verspätet.
Vor Ort begrüßte mich Adrian, der Eigner, und bat mich direkt zum MG (MKI 1966, orig. 42.000 ml, gepflegt und vor einigen Jahren restauriert). Kein Geplänkel – Probefahrt (Achtung – Linksverkehr!), kurzer Check von innen und außen. Alles ging sehr schnell (es war nach 18 Uhr...), so dass mir nur einige Rostblasen am Heck und ein Lackschaden am Tankstutzen auffielen. Sonst war er gut! Im Nachhinein hätte ich mir mehr Zeit genommen, um den Wagen genauer zu prüfen. However – wenn man aus Deutschland ins UK kommt, um einen Oldie zu kaufen, sind Nachverhandlungschancen recht gering. Daher Stand ich vor der Frage: Rückreise oder Kauf zum vollen Preis. Die Antwort bietet allein dieser Bericht!
Nun begann das große Abenteuer, denn nach Vertragsunterzeichnung mit allen Papieren zur Historie ging es in den britischen Feierabendverkehr und auf die Autobahn über Birmingham und London nach Dover. Was sich nach den ersten Roundabouts dann auch als machbar herausstellte. Es wurde Abend und der MG zog mit 50 bis 60 Meilen souverän seine Bahn auf dem britischen Motorway gen Süden. Alles passte. Ein Stopp beim ranzigsten KFC jenseits von Bombay füllte unsere Mägen, wohingegen Spencer (angelehnt an „Hallo Spencer“ – der Wagen „redete“ genauso viel mit mir...) sich mit etwas Luft und Oktanigem begnügte.
Die Nacht kam und in Birmingham wurde kurzerhand noch ein alter Freund besucht, der in Warwick die Uni besucht. Er feierte seinen Jahresabschluss im wohl angesagtesten Club der Stadt, so dass wir ihm für den Abend folgten. In Deutschland wären so kurze Röcke übrigens verboten, aber das nur am Rande...
Nach einigen Drinks („ohne“ natürlich) waren wir on the road again. London lag um vier Uhr morgens hinter uns, als der MG noch weiter wollte, aber unsere Augen der Morgendämmerung müde ins Gesicht blickten. Also: Billigmotelabsteige am AKW gemietet und Schlafen bis zehn. Was gibt’s Schöneres?
Der nächste Morgen bescherte uns Sonnenschein satt und Fertigmüsli mit Einschweißmilch, was aber seinen Zweck erfüllte. Nach wir vor startete Spencer nur widerwillig (Magnetschalter), der Drehzahlmesser war immer noch tot, doch die Reise ging weiter. Dover lockte strahlend im Tal, als wir den Kanal erblickten und mit Erschrecken feststellen mussten, dass am Wochenende die Preise bei P.O. Ferries ganz schön in die Höhe schießen (min. 120 Pfund). Der Tunnel kostete mehr als das Doppelte. Ein Österreicher (der einen Ur-Quattro ausführte) gab uns den Tipp, nach Dunkerque (NL) zu überschiffen (60 Pfund). Unser Ticket nach Calais war gerade gekauft – super!
Den Rest des Tages galt es, Zeit am Dock und auf dem Schiff totzuschlagen, bis wir in Calais wieder festen Boden unter den Füßen hatten. Die Reise ging bei schönem Wetter und wenig Verkehr durch Restfrankreich über Antwerpen und Eindhoven nach Duisburg. Spencer hielt durch. Allein angsteinflößend war ein Hinweis eines Tankstellenpassanten, wir würden Flüssigkeit verlieren. Eilig checkten wir den Kühlflüssigkeitsstand (ohne Messmöglichkeit recht schwierig) und füllten 0,5 Liter Destille auf. Spencer entledigte sich dieser überschäumend auf den nächsten Kilometern. Er wusste wohl selbst am besten, was gut für ihn ist! Die Lache unter unserem Auto war also nicht von uns – puuuh!
Hinterm Pott wurde die Fahrt in Deutschland träge, elende Kilometer und wenig Schlaf forderten ihren Tribut. Eine Stunde Pause auf einem Rasthof im Niedersächsischen Nirwana sollte Abhilfe schaffen. Wir erreichten unfall-und defektfrei gegen 6.30 Uhr die Berliner Avus! Hoooray!
Die Bilanz der britischen Einkaufstour: Ein wunderschöner, offensichtlich alltagstauglicher und zuverlässiger MKI zu einem – na ja - fairen Preis mit gutem Pfund-Kurs (Heckklappe und Fahrertür müssen noch angepasst werden, unwesentliche Technikgeschichten, Rost am hinteren Kotflügel), die unvergessliche 1000-Meilen-Tour, ein netter Abend mit Freunden und die Gewissheit, etwas einmaliges gemacht zu haben.
Meine Tipps für Gleichgesinnte: Lange Recherche ist notwendig, um zu finden, was man sucht (Overdrive wäre mir nach wie vor wichtig...). Der ADAC hilft in vielen Dingen, die Versicherung funktioniert einwandfrei. Nachverhandlungen zum Fahrzeug vor Ort sind schwierig, denn man setzt allein durch den Aufwand der Anreise ein Zeichen für den Verkäufer. Die Überführung auf eigenen Rädern kann anstrengend werden und kostet je nach Distanz auch Geld (Liverpool-Berlin: Flug 2x je 100 €, Benzin 200 €, Überleben im Motel und Supermarkt 100 €, Fähre 200 €, Kleinkram 100 € macht 800 €), ist aber viel spaßiger und preiswerter als eine Spedition. Ein Trailer wäre die Alternative, wenn’s nicht auf eigenen Rädern geht.
Der größere Markt im UK macht die Sache für mich auf jeden Fall attraktiv. Man kann aber davon ausgehen, dass die Briten ihren eigenen Standard vom Zustand des Wagens haben und – wie in Deutschland auch – auf dem Papier alles besser aussieht.
Würde ich es wieder genauso machen? Jederzeit! I love my MG!
