MGF und MG TF - die letzten ihrer Art?


Kein besonders schöner Titel für einen Artikel über ein Auto, das eigentlich so etwas wie ein Hoffnungsträger war. Hoffnungsträger für eine glänzende Zukunft der Marke mit dem Achteck. Eine Zukunft basierend auf erschwinglichen Sportwagen, die sich jedermann leisten konnte. Also genau das was MG bekannt gemacht hat und das, für das wir unsere Marke so lieben.

Als der MGF 1995 auf der Earls Court Motor Show in London vorgestellt wurde, kam er für MG Freunde nicht ganz unerwartet, schließlich hatte man mittels des zwei Jahre zuvor erschienenen MG RV8 und einiger geschickt in der Öffentlichkeit lancierter Bilder von Stylingstudien und Prototypen, über die an anderer Stelle noch zu reden ist, die Öffentlichkeit schon auf größere Dinge vorbereitet. Aber trotzdem war das Auto, das mit der Fahrgestellnummer AD 000251 am 29. August 1995 als MGF vom Band lief, eine echte Überraschung. Eine Überraschung deswegen, weil es sich um den ersten in Serie hergestellten MG mit Mittelmotor handelte. Vom MG Metro 6R4 wollen wir hier mal absehen, denn der wurde ja nur in sehr kleinen Stückzahlen für die Rallyestrecken dieser Welt gebaut und trägt, wenn wir ehrlich sind, auch nur sehr wenig MG Gene in sich.

MGF

Aber trotz dieses für einen MG völlig neuen Konzepts sah der neue irgendwie vertraut aus. Dem Designer Gerry McGovern war nämlich das Kunststück gelungen, eine attraktive Karosserie zu kreieren, die zwar einerseits komplett neu war, auf der anderen Seite aber die ruhmreiche Vergangenheit der Marke zitierte, ohne dabei kitschig zu wirken. So erkennt man beim genauen Hinsehen durchaus Anklänge vom MGB und das Heck orientiert sich doch recht eindeutig am MG EX-E Konzept, das 1987 auf der Internationalen Automobilausstellung IAA in Frankfurt zu sehen war.

Allerdings war zu Anfang seiner Entwicklung durchaus nicht sicher, dass der MGF ein Mittelmotorfahrzeug werden würde. Geführt unter den Rover-internen Bezeichnungen PR 1, PR2 und PR3 wurden zunächst drei unterschiedliche Konzepte für den neuen Sportwagen entwickelt, die sich in Sachen Motoranordnung, angetrieben Achsen und Karosserieaufbau zum Teil grundlegend unterschieden. Die Karosserieform selbst war bei allen drei Studien allerdings weitestgehend dieselbe. Bei PR1, PR stand übrigens für „Phoenix Route“, handelte es sich um ein Fahrzeug in MGB Größe mit einem Rover M16 2-Liter Motor, der quer im Wagenbug eingebaut die Vorderräder antrieb. Die Fahrwerkskomponenten, wie auch die Bodengruppe stammten weitgehend vom Austin Maestro, was die günstigsten Produktionskosten, aber sicher auch den geringsten Fahrspaß gesichert hätte. Die Karosserie dieses Prototypen, der im Juli 1990 vom Erbauer Motor Panels zur Erprobung an Rover angeliefert wurde, bestand aus Stahl.

PR2 entstand bei Reliant in Tamworth und basierte auf einem Reliant Scimitar SS Chassis, das allerdings so modifiziert wurde, dass es mit Vorderachskomponenten des Austin Maestro ausgerüstet werden konnte. Am interessantesten an diesem Fahrzeug war allerdings der Triebstrang. Hier hatte man sich offenbar stark an TVR orientiert und einen Rover V8 Motor mit 3,9 Liter Hubraum weit hinter der Vorderachse platziert, der über ein serienmäßiges Rover-Getriebe die Hinterachse antrieb. Optisch unterschied sich dieses Fahrzeug vom PR1 bei weitgehend gleichem Grundentwurf für die Karosserie durch einen deutlich längeren Vorderwagen, der durch den zurückversetzten Frontmotor bedingt war. Im Gegensatz zum PR1 bestand die Karosserie jedoch hier in bester Reliant Tradition aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Kaum vorzustellen, was dies für ein Fahrzeug geworden wäre, wenn Rover sich für dieses Konzept entschieden hätte. TVR hätte sich sehr warm anziehen müssen, aber letztendlich hätte ein MGF nach diesem Rezept sicher nicht die gewünschte Klientel angesprochen.

PR3, wieder mit Stahlkarosserie, kam dem künftigen Serienfahrzeug am nächsten. Bei diesem Konzept, das von ADC für Rover realisiert wurde, hatte man den 1,4 Liter K-Serie Motor quer in der Fahrzeugmitte installiert und vorne und hinten trugen vom Metro R6 entliehene Hilfsrahmen alle Fahrwerkskomponenten sowie Hydragas-Federelementen. Als Basis verwendete man eine Austin Metro-Bodengruppe.

Alle drei Prototypen wurden im August 1990 ausgiebig von den Rover-Ingenieuren getestet in Hinblick auf den angestrebten nordamerikanischen Markt entschied man sich zunächst, Version PR2 weiter zu verfolgen, auch wenn PR1 sicherlich die am günstigsten zu produzierende Variante war und PR3 schon damals die meisten Freunde fand. So entstand unter dem Code DR2/PR5, DR bedeutete „Design Research“, auf Basis eines gebraucht erworbenen TVR 3.5S ein durchaus attraktives Fahrzeug, das sich im nachhinein betrachtet am ehesten als Mischung aus Jaguar XK8 Roadster und MG RV8 beschreiben lässt und durch einen aus zwei K-Serie Motoren gebildeten V8 Triebling befeuert werden sollte. Trotz einiger Versuche, dieses Konzept mit Rover 800 Komponenten zur Serienreife zu führen, endete DR2/PR5 letztendlich in der Sackgasse.

Allerdings hatte man auch PR3 nie wirklich aus den Augen verloren, zumal dieser Prototyp schon im Sommer 1990 durch hervorragende Fahreigenschaften überzeugt hatte. Auf Basis des ersten PR3 Prototypen realisierten ADC und eine Firma namens „MGA Development of Coventry“ parallel zueinander überarbeitete Karosserieentwürfe, die im Juni 1991 im Rahmen einer Produktklinik gemeinsam mit DR2/PR5 und einer weiteren Studie namens „Adder“, aus der sich der MG RV8 herausbilden sollte, evaluiert wurden. Um es kurz zu machen: Der MGA Development Entwurf setzte sich durch und wurde letztendlich unter der Ägidie von Gerry McGovern zum allseits bekannten MGF weiter entwickelt.

Interessant ist, dass der erste PR3 Prototyp die Technik des Serien-MGFs bereits weitestgehend vorweg nahm. So verfügte auch die Serienausführung des MGFs über eine Hydragas-Federung, die erst bei der Weiterentwicklung zum MGTF aus Kostengründen aufgegeben wurde, und auch motorenseitig blieb es beim K-Serie-Aggregat, das über zwei obenliegende Nockenwellen und vier Ventile pro Zylinder verfügte, wobei in der VVC Version (VVC stand für „Variable Valve Control“) die Einlassventile sogar über variable Öffnungszeiten verfügten, damals durchaus ein beachtenswertes Novum, an dem sich möglicherweise sogar BMW, seit 1994 Eigner von Rover, bei der Entwicklung seiner eigenen Motoren mit variabler Ventilsteuerung orientiert hat.

Allerdings hatte man für den MGF den Hubraum des K-Serie-Motors durch Erhöhung von Hub und Bohrung von 1,4 Liter auf 1,8 Liter vergrößert. Hier hatte man von Mazda gelernt, die den Fehler gemacht hatten, den ersten MX5 lediglich mit einem 1,6 Liter Maschine anzubieten. Mit konventioneller Ventilsteuerung leistete der K-Serie-Motor im MGF 118 PS (manche Quellen sprechen auch von 120 PS), was für eine Spitze von 193 km/h und eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 9,2 Sekunden reichen sollte. Bedeutend kräftiger zur Sache ging der MGF aber mit der VVC-Maschine. Hier sorgen 145 PS für eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 7,2 Sekunden und eine Spitze von 212 km/h.

Doch nicht nur was den Motor betrifft, war der MGF an der Spitze der technologischen Entwicklung. Eine elektronisch geregelte, elektrische Servolenkung sorgt nämlich für eine geschwindigkeits- und drehmomentabhängige Lenkunterstützung. Damals ein Novum, wie auch die neuartigen Zündkerzen, die 100.000 km halten sollten.

Beim Getriebe handelte es sich zunächst um ein konventionell zu schaltendes 5-Gang-Getriebe, dass allerdings im August 1999 durch eine Stepspeed genannte, sequentiele 6- Gang-Box ergänzt wurde, die entweder automatisch schaltet oder, ohne Kupplung über kleine Taster am Lenkrad manuell geschaltet werden kann. Dieses Getriebe war nur zusammen mit dem 120 PS Motor zu haben. Bereits im Juli 1999 wurde nach 52.975 Fahrzeugen offiziell der Wechsel vom MGF Mk I zum Mk II vollzogen, erkenntlich am Code 1D, der den Fahrgestellnummern ab diesem Zeitpunkt voranstand. Die Änderungen gegegenüber der ersten Serie des MGF waren allerdings eher marginal. Das Ende der ersten Serie wurde von 2000 Limited Edition Modellen markiert, die sich in der Farbe, alle linksgelenkten Modelle waren silbern, die 760 Rechtslenker waren hälftig schwarz oder mulberry, und in einigen Ausstattungsdetails von ihren profaneren Brüdern unterschieden.

Alles in allem war Rover ein ausgesprochen attraktives Fahrzeug gelungen, das mit seinem Mittelmotorkonzept hervorragende Fahreigenschaften bietet und Kurvengrenzgeschwindigkeiten erlaubt, die allen früheren MGs fremd sein dürften.

In der beschriebenen Form lief am 03.01.2003 mit der Fahrgestellnummer 2D535576 der letzte von 77.301, manche Quellen sprechen auch von 77.269, MGF in Longbridge vom Band. Nachfolger war der MG TF, dessen Zählung der Fahrgestellnummern nun entsprechend der Telefonnummer von MG Rover in Longbridge, die +44/121-475 2101 lautete, mit 101, begann. Der erste MG TF hatte übrigens die Fahrgestellnummer 2D 600101.

Im wesentlichen handelt es sich beim MG TF um einen MGF dem man die Nase deutlich geliftet hatte. Auch wenn man sich darüber streiten mag, ob die Optik durch die neue Front gewonnen hat, bedeutete der Wechsel vom F zum TF technisch auf jeden Fall eine deutliche Weiterentwicklung. Schließlich waren jetzt vier unterschiedliche Varianten des 1,8 Liter-K-Serie Motors im Angebot, der kleinste mit 115 PS, gefolgt von einem Triebling mit 120 PS und Stepspeed Getriebe, einem 135 PS-Aggregat und dem Spitzenmodell mit nun 160 PS, das dem MG TF 220 Kilometer pro Stunde schnell macht und in 7,6 Sekunden auf 100 Kilometer beschleunigen lässt. Außerdem war die Motorelektronik den EURO 3-Vorschriften angepasst worden. Endgültig Geschichte war aber mit der Einführung des MG TF leider die Hydragas-Federung.

Serienmäßig sehr gut ausgestattet und dabei vergleichsweise günstig stellen die vier unterschiedlichen MG TF Modelle eine hervorragende Alternative zu Angeboten wie dem Mazda MX5 oder dem Fiat Barchetta dar, weswegen die beträchtlichen Verkaufszahlen, in England ist der MG TF das meistverkaufte Cabrio überhaupt, auch nicht verwundern.

Deshalb ist es auch mehr als verdient, dass der 1,5 millionste MG, der am16. April 2002, also kurz nach Serienstart des MG TF gefeiert werden konnte, ein MG TF 160 Roadster mit der Fahrgestellnummer 604127 war. Zur Feier des goldenen Thronjubiläums von Königin Elisabeth, das ebenfalls in 2002 stattfand, war dieses Fahrzeug goldfarben lackiert und man hatte zusätzlich die Kopfstützen dieses Fahrzeugs mit einem goldenen Krönchen und dem Schriftzug „The Queen´s Golden Jubilee“ versehen. Auch hier hatte man wie schon bei der Bezeichnung MG TF wieder die Tradition bemüht, denn auch zum silbernen Thronjubiläum der Queen im Jahre 1977 hatte man die Welt mit einem Jubiläumsfahrzeug beglückt, einem MGB GT in tahiti blue mit silbernen Streifen an der Seite, der schließlich in einer Lotterie verlost wurde.

Leider sind keine Produktionszahlen des MG TF bekannt. Wenn man von einer wöchentlichen Produktion von 200 Fahrzeugen ausgeht, was nicht ganz unrealistisch sein dürfte, müssten bis zum Zeitpunkt der Insolvenz von MG Rover rund 30.000 Fahrzeuge dieses Typs gebaut worden sein. Zusammen mit allen anderen MG Freunden würde ich mir wünschen, dass noch einige mehr hinzukommen, und dass der MG TF vielleicht auch bald einen modernen Nachfolger findet. Zumindest im Alphabet kommen noch einige Buchstaben nach dem F.

Matthias Schulze


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